Wenn ein Mensch, aufgrund eines gravierenden Unfalls oder einer schweren Erkrankung nicht mehr ansprechbar ist, sichert eine im Vorfeld schriftlich verfasste Patientenverfügung ab, dass der eigene Wille im Hinblick auf die medizinische Versorgung durchgesetzt wird. Gleichzeitig hilft diese Vollmacht den Angehörigen, Entscheidungen im Sinne des betroffenen Patienten zu treffen.

In Ihrer Patientenverfügung können Sie also schriftlich festhalten, wie Sie, im Falle eines medizinischen Notfalls, ärztlich und pflegerisch versorgt werden möchten, wenn Sie es selbst nicht mehr entscheiden bzw. äußern können.

Ein Mediziner ist grundsätzlich dazu verpflichtet, alles Menschenmögliche zu unternehmen, um Sie am Leben zu halten. Liegt jedoch eine Patientenverfügung vor, sind sowohl Arzt als auch das Pflegepersonal und die bevollmächtigte Person verpflichtet, sich an den niedergeschriebenen Patientenwillen zu halten - vorausgesetzt dieser ist nicht sitten- oder gesetzeswidrig. Die Patientenverfügung und der darin zum Ausdruck gebrachter Wille gelten rechtlich verbindlich und dürfen nicht ignoriert werden. In § 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuches ist dies seit dem Jahr 2009 gesetzlich festgeschrieben.

Ein schwerwiegender Unfall oder eine unheilbare Krankheit können einen schon im jungen Alter treffen. Jeder erwachsene Mensch sollte sich daher schon frühzeitig mit der Thematik Patientenverfügung auseinandersetzen und seinen Willen rechtzeitig zu Papier bringen. Laut Gesetz, dürfen alle volljährigen Menschen (ab 18 Jahre) eine Patientenverfügung aufsetzen.

Für bereits erkrankte Menschen, z.B. für Intensivpflegepatienten, die noch keine Patientenverfügung erstellt haben, ist es umso wichtiger, dies rasch nachzuholen, damit in genau ihrem Sinn gehandelt werden kann, wenn der Akutfall eintritt. Denn nichts ist für Angehörige schlimmer, als Entscheidungen über Leben und Tod fällen zu müssen, ohne dass sie wissen, was der betroffene Patient sich gewünscht hätte.

Tatsächlich ist das Internet voll von Vordrucken von Patientenverfügungen, die man herunterladen kann – manche sind besser, manche schlechter. Viele diese Vorlagen haben in der Regel den Nachteil, dass sie standardisierten Fragebögen entsprechen. Das bedeutet, man muss nur ein paar Kreuze setzen und beantwortet keine bzw. kaum eine Frage persönlich. Das kann jedoch dazu führen, dass man das, was man ankreuzt nicht richtig durchgelesen bzw. nicht bis zum Ende durchdacht hat. Oberflächlichkeit ist bei diesem Thema jedoch fehl am Platz.

Deshalb ist es ratsam, eine individuelle Patientenverfügung aufsetzen – und zwar keine allgemeingültige, sondern eine dezidierte, die genau auf die eigenen Belange und Wünsche zugeschnitten ist. Je konkreter eine Patientenverfügung verfasst ist, umso einfacher ist es für die Mediziner und die Vertrauenspersonen über bestimmte Maßnahmen zu entscheiden. Die Verschriftlichung kann handschriftlich erfolgen oder am Rechner. Wichtig ist, die Erklärung am Ende eigenhändig zu unterschreiben. Ohne Unterschrift ist das Dokument nicht gültig.

Die Empfehlungen, wie eine Patientenverfügung auszusehen hat, sind vielfältig. Ein vorgeschriebenes Schema F gibt es hier nicht. Wichtig ist, dass die eigenen Wünsche nicht zu allgemein formuliert werden sollten. Eine schwammig formulierte Handlungsanweisung macht es den behandelnden Ärzten und den Angehörigen nur unnötig schwer, die richtiger Entscheidung zu fällen. Im schlimmsten Fall kann ihre Verfügung nicht berücksichtigt werden, weil sie zu unkonkret formuliert wurde.

BEISPIEL

Schlechte Formulierung: „Sollte ich ich eine Hirnverletzung haben, wünsche ich….“ Gute Formulierung: „Ich möchte keine künstliche Ernährung und keine künstliche Beatmung, wenn mein Gehirn so stark beschädigt ist, dass ich sehr wahrscheinlich nie mehr selbst Entscheidungen treffen kann. Zwei verschiedene Mediziner:innen sollen überprüfen, ob ich auch in Zukunft nicht mehr selbst entscheiden kann. Erst dann verzichte ich auf beide genannten Maßnahmen.“

Andererseits: Wird eine Patientenverfügung zu spezifisch formuliert, gilt sie zwar für die beschriebenen Situationen, aber wirklich auch nur für diese Situationen. Treten andere Aspekte auf, kann diese Erklärung dann nicht greifen, weil sie keine weiteren Handlungsanweisungen enthält.

Der goldene Mittelweg ist hier also der richtige Weg. Ziehen Sie deshalb, um keine Fehler zu machen, bei der Formulierung einen Experten zu Rate (einen Mediziner, einen Anwalt oder einen Notar), der Ihnen dabei hilft.

Wichtig ist außerdem, dass die Patientenverfügung eindeutig und klar formuliert ist und sich die getroffenen Aussagen nicht widersprechen.

Eine Patientenverfügung sollte demnach:

→ die Behandlungssituationen, für die die getroffenen Verfügungen gelten sollen, detailliert beschreiben!

→ die intensivmedizinischen Maßnahmen bzw. Behandlungsanweisungen, die abgelehnt oder gewünscht werden, genau benennen!

→ keine Verallgemeinerungen oder Widersprüche enthalten!

In einer Patientenverfügung können Sie die Beendigung bzw. Unterlassung von intensivmedizinischen Maßnahmen konkret einfordern. Ein Beispiel wäre das Einstellen der künstlichen Beatmung oder der künstlichen Ernährung in speziellen Fällen.

Darüber hinaus kann man auch bestimmte Arten der Behandlung ausdrücklich verlangen. Außerdem sind auch Angaben zur Organspendebereitschaft oder zur gewünschten Form der Unterbringung in einer Patientenverfügung gut aufgehoben.

Wichtig! Was Sie jedoch nicht erklären dürfen ist, dass Ihr Leiden bei bestimmten Krankheitssituationen aktiv beendet werden soll. Das wäre der Aufforderung zu einer Straftat, gleichzusetzen, die, laut Strafgesetzbuch, als „Tötung auf Verlangen“ einen schweren Tatbestand darstellt.

Eine schriftlich aufgesetzte Patientenverfügung benötigt nur Ihre Unterschrift. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht notwendig. Sollten Ihnen eine notarielle Beglaubigung zusätzliche Sicherheit verschaffen, können sie diese natürlich trotzdem veranlassen.

Auch die Unterschrift Ihres Hausarztes ist nicht nötig. Dennoch ist es sinnvoll, im Vorfeld mit Ihrem Hausarzt zu beraten, welche konkreten medizinischen Aspekte in der Patientenverfügung zur Sprache kommen sollten. Außerdem können Sie einen unterschrieben Ausdruck Ihrer Patientenverfügung zusätzlich bei Ihrem Hausarzt hinterlegen – sofern dieser damit einverstanden ist.

Bislang gibt keine gesetzliche Verpflichtung, die festlegt, eine Patientenverfügung regelmäßig zu erneuern. Ihr einmal erklärter Wille hat solange Bestand, solange keine anderslautenden Dokumente auftauchen.

Dennoch ist es sinnvoll, die Patientenverfügung regelmäßig zu überprüfen und auch zu hinterfragen. Möglicherweise hat sich Ihre Sicht auf bestimmte Aspekte über die Jahre verändert und Sie möchten das nun auch in Ihrer Patientenverfügung so festhalten. Überarbeiten Sie daher Ihre Patientenverfügung etwa alle zwei Jahre, drucken Sie die Neufassung aus und unterschreiben Sie diese. Denn nur mit eigenhändiger Unterschrift ist diese Erklärung auch gültig.

Wichtig! Haben Sie eine Patientenverfügung verfasst, aber diese ist nicht auffindbar, kann sie leider nicht zum Einsatz kommen. Eine Patientenverfügung ist nur sinnvoll, wenn Ihre Angehörigen bzw. Vertrauenspersonen wissen, wo diese sich befindet. Teilen Sie Ihnen daher rechtzeitig den Aufbewahrungsort mit oder geben Ihnen eine beglaubigte Kopie Ihrer Erklärung. Alternativ können sie in Ihrer Geldbörse auch einen Zettel verstauen, der aussagt, wo sich Ihre Patientenverfügung befindet (z.B. „ Wohnzimmerregal, unterste Reihe, gelber Ordner“ oder: „Bei meinem Hausarzt Dr. Soundso“).

Sollten Sie keine Patientenverfügung haben, bestimmt im Akutfall das Gericht einen Betreuer, der dann Entscheidungen in Ihrem Namen trifft. Jeder Mensch, der nicht für sich selbst entscheiden kann, zum Beispiel, weil er oder sie eine geistige oder psychische Behinderung hat oder z.B. im Wachkoma liegt, bekommt einen solchen Betreuer zu Seite gestellt.

Viele Menschen glauben jedoch, dass automatisch der Ehepartner / die Ehepartnerin oder das volljährige Kind befragt wird, wie nun mit dem Angehörigen zu verfahren ist. Das ist jedoch nur der Fall, wenn der betroffene Patient in einer schriftlichen Vorsorgevollmacht erklärt hat, welche Vertrauensperson ihn / sie in einem solchen Akutfall vertreten soll.

Kurzum: Ein Arzt darf nur nur in akuten Notfallsituationen und bei zeitgleicher Vorlage einer gültigen Patientenverfügung alleine entscheiden (§ 630 BGB), wie mit dem betroffenen Patienten zu verfahren ist. In allen anderen Fälle ist er verpflichtet, einen gesetzlichen Betreuer bzw. die vom Patienten bevollmächtigte Vertrauensperson in die Entscheidung mit einzubeziehen. Als Stellvertreter des Patienten sind bevollmächtigte Vertrauenspersonen oder gesetzliche Betreuer befugt, auf der Grundlage der Patientenverfügung über medizinische Behandlungen und pflegerische Maßnahmen zu entscheiden.

Unser Tipp! Sollten Sie jetzt ein Patientenverfügung aufsetzen, erstellen Sie parallel dazu auch eine Vorsorgevollmacht, die bestimmt, welche Vertrauensperson Ihren, in der Patientenverfügung geäußerten Willen, durchsetzen soll. So verhindern Sie, dass dies eine fremde Person, die Sie nicht kennt, übernimmt.