Gebt uns bei Locked In Syndrom (LIS) nicht auf!

Ein ehemaliger Patient mit Locked In Syndrom berichtet Pflegekräften in Greiz von seiner Krankheit 

„Gebt uns nicht auf“, das ist die zentrale Botschaft, die Frank Becwarsch vermitteln möchte. Der 53jährige aus der Nähe von Aachen erlitt im Jahr 2012 eine Hirnblutung. Ein so genanntes Locked In Syndrom kurz LIS war die Folge. Dabei sind die Patienten bei vollem Bewusstsein, können sich aber nicht bewegen oder sprechen. Im Krankenhaus und auch bei den Behörden galt er damals als hoffnungsloser Fall. Heute hielt er in der Vogtlandhalle gemeinsam mit dem Linimed Geschäftsführer Guido Faßbender einen Vortrag vor 60 Pflegekräften und Auszubildenden aus Greiz und der Region über seine Geschichte.

„Fordern Sie ihre Patienten“, gab Becwarsch den anwesenden Pflegekräften mit auf den Weg. „Seien Sie feinfühlig, aber fordern Sie sie.“ Nach dem Krankenhaus kam Becwarsch im Januar 2013 in eine außerklinische Intensivpflege und traf dort auf den damaligen geschäftsführenden Pflegedienstleiter Guido Faßbender. Der erkannte, dass Becwarsch nicht im Koma lag, wie vermutet, sondern durchaus mitbekam, was um ihn herum geschah. „Der Weg wird steinig, wir wissen nicht, wie weit wir kommen, aber lass es uns versuchen“, das vereinbarten die Beiden damals. Schritt für Schritt begannen Faßbender und sein Pflegeteam damit, den Zustand des Patienten zu verbessern. Am 21. November 2013 wurde Becwarsch aus der ambulanten Intensivpflege entlassen und konnte nach Hause zurückkehren.

Guido Faßbender ist inzwischen Geschäftsführer der Linimed GmbH, einem Pflegedienst für außerklinische Intensivpflege mit Sitz in Jena. In Greiz ist die Linimed Träger einer Intensivpflege-WG mit derzeit neun Plätzen. Ab Januar soll sie auf bis zu 15 Plätze anwachsen. Auch hier werden Patienten mit ähnlichen Krankheitsbildern wie die von Frank Becwarsch betreut. Dieser hält heute Vorträge über seine Krankheit, arbeitet stundenweise wieder und schreibt ein Buch. Er gilt als vollständig genesen, auch wenn gewisse Einschränkungen bleiben.

Mit den anwesenden Pflegekräften entspann sich in der Voigtlandhalle eine angeregte Diskussion. Was er mitbekommen habe, wie er bestimmte Pflegemaßnahmen empfunden habe, wie oft er daran gedacht habe, aufzugeben. All das waren Fragen, die Becwarsch durchaus mit einer Prise Humor und Selbstironie beantwortete. Guido Faßbender lieferte den intensivmedizinischen Backround und die pflegefachliche Einordnung des Geschehens. Insbesondere die unterschiedliche Wahrnehmung der Zeit lieferte viel Gesprächsstoff und sorgte für Aha-Erlebnisse: „Dinge, von denen ich heute weiß, dass sie nur Minuten dauerten, kamen mir damals vor wie Stunden“, erklärte Becwarsch. Artikulieren konnte er das aber nicht. Da brauche es Empathie bei den Pflegekräften, die erkennen, dass Ungeduld des Patienten kein böser Wille sondern krankheitsbedingt sei. „Geben Sie ihren Patienten das Gefühl, wir gehen da gemeinsam durch“, sagte Becwarsch. Er wolle Mut machen und motivieren. Guido Faßbender habe ihm damals das Leben gerettet, als andere ihn aufgegeben hatten. Er hoffe, das dies bei guter Pflege auch mit vielen anderen Patienten gelinge.